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Heinrich Fueter – Produzent, Unternehmer, Filmpionier

Das Filmgeschäft ist einerseits ein Milliardenbusiness, wie sich dieser Tage wiederum am «Festival de Cannes» zeigt, das andererseits auf staatliche Förderung angewiesen ist, wie vergangenes Wochenende eine Mehrheit des Schweizer Stimmvolkes bestätigte. Kunst und Kommerz im Filmgeschäft müssen sich aber nicht widersprechen, wie das Beispiel von Heinrich Fueter (1911–1979) zeigt. Mit seinen Auftragsfilmen besetzte er eine Marktlücke und prägte das Filmschaffen über die Landesgrenzen hinaus.

 

Heinrich Leonhard Fueter erblickte am 17. Februar 1911 als Sohn der Jenny Weber und des bekannten Historikers und NZZ-Redaktors Eduard Fueter in Zürich das Licht der Welt. Nach der Scheidung und der Verheiratung seiner Mutter mit dem Schriftsteller und Literaturprofessor Robert Faesi wuchs Heinrich Fueter im «Rebgüetli» in Zollikon auf. Die Schulen besuchte er wegen seines Asthmas teilweise in St. Moritz, dann in Zürich und schliesslich in Trogen (AR).

Studium und erste Schritte im Filmbusiness

Nach der Matura wandte sich Heinrich Fueter zunächst dem Studium der Literatur und Musik zu, ganz nach seinen persönlichen Neigungen. Ab 1931 studierte er aber Rechtswissenschaft an den Universitäten Zürich und Paris. Zur Finanzierung des Studiums spielte er mit zwei Freunden in verschiedenen Bars und Nachtclubs Klavier. Auch arbeitete er später als Skilehrer, Sekretär des Hottinger Lesezirkels und Journalist bei verschiedenen Tageszeitungen und Zeitschriften.

Produktionsleiter bei «Füsilier Wipf»

Das Filmhandwerk lernte Heinrich Fueter schliesslich beim berühmten Regisseur Lazar Wechsler und seiner «Praesens-Film». Als Produktionsleiter trug Fueter umfassende Verantwortung über die Dreharbeiten und deren Vorarbeiten. Er war dieser Aufgabe gewachsen, wie der Erfolg des Films bestätigen sollte.

Landi 1939, die Sektion «Heer und Haus» und seine Hochzeit

Während der Landesausstellung fungierte Heinrich Fueter als Koordinationschef für sämtliche kulturellen Veranstaltungen und organisierte die Eröffnungs- und Schlussfeiern, die Wehrvorführungen, die Kantonaltage oder das eidgenössische Trachtenfest. Im selben Jahr wurde ihm auch die Leitung des Unterhaltungsdienstes der Sektion «Heer und Haus» übertragen, die mittels entsprechender Vorträge, Aufführungen, Film- und Radiovorführungen ein wichtiges Werkzeug der Geistigen Landesverteidigung war. Mitten in diese Zeit fiel seine Hochzeit mit der später bekannten Schauspielerin Anne-Marie Blanc am 8. März 1940.

Durchbruch mit der Condor-Film AG

Nach dem Zweiten Weltkrieg standen die Filmproduzenten vor dem Problem der Finanzierung. Denn die staatliche Filmunterstützung aus den Kriegsjahren fiel dahin. Heinrich Fueter erkannte im Auftragsfilm eine Marktlücke und gründete 1946 seine eigene Firma, die er ein Jahr später in die Condor-Film AG umwandelte.

Nationale und internationale Anerkennung

Bereits 1948 beauftragten die BBC-TV und NBS USA die Condor mit der Herstellung von täglichen Reportagen über die Olympischen Winterspiele in St. Moritz. Von da an ging es auf der Basis von Auftragsfilmen stetig bergauf. Von Georg Fischer über J. R. Geigy bis zu Wild Heerbrugg: fast alle grösseren Schweizer Firmen beauftragten Fueter mit Filmproduktionen. Neben diesen Werbe-, Schulungs- und Produktfilmen drehte Fueter immer wieder auch Fernsehfilme, die mehrfach national und international ausgezeichnet wurden.

Kaufmann und Künstler

Heinrich Fueter baute die Condor Film AG zu einem erfolgreichen Unternehmen auf. Auftragsfilm und Spielfilm standen für ihn nicht in Konkurrenz zueinander, sondern als Ergänzung. Mit den Auftragsfilmen sicherte er sich die ökonomische Basis und Unabhängigkeit für Spielfilme, gleichzeitig sah er auch im Auftragsfilm ein Kunstwerk. Weit über 1000 Filme produzierte er dank dieser einzigartigen Symbiose, bevor er am 13. Oktober 1979 in der Zürcher Altstadt infolge eines Herzinfarktes verstarb.