Die Qualität unserer Gewässer und speziell des Trinkwassers stand aufgrund der Trinkwasser- und der Pestizid-Initiative wieder im Mittelpunkt der politischen Diskussion. Beide gingen von einer übermässigen Gefährdung der hohen Wasserqualität in der Schweiz aus. Die Geschichte zeigt, dass auch der heutige Standard nicht immer der Fall war. Durch die Industrialisierung und das Bevölkerungswachstum kam es zu einer Gewässerverschmutzung, der erst im 20. Jahrhundert entgegengetreten wurde. Wegweisend dabei war Otto Jaag (1900–1978), der mit seiner Forschung und seiner Öffentlichkeitsarbeit den Gewässerschutz vorantrieb.
Schwierige Jugendjahre
Als Sohn eines Bäckers und einer Bauerntochter kam Otto Jaag am 29. April 1900 im schaffhausischen Klettgau bei Guntmadingen zur Welt. Bald zog die Familie in ein eigenes Haus in Hallau, welches aber 1904 bei einem Kaminbrand zerstört wurde. Nach dem Verlust des Wohn- und Geschäftshauses folgten wirtschaftlich schwierige Jahre, in denen auch die Kinder mitanpacken mussten.
Studienzeit
Später besuchte Otto Jaag das Gymnasium in Schaffhausen und schloss mit der Primarlehrer-Maturität ab. Danach studierte er in Genf Naturwissenschaften und beendete das Studium mit der Promotion über «Experimentelle Untersuchungen der Flechten». 1933 habilitierte er an der ETH Zürich in Hydrobiologie und Kryptogamenkunde.
Akute Gefährdung der Gewässer
Otto Jaag war aber kein Professor im Elfenbeinturm. Er sah die zunehmende Verschmutzung der Gewässer und ihre möglichen Folgen. Denn das Selbstreinigungsvermögen der Schweizer Gewässer war überfordert und die ursprünglich nährstoffarmen Seen verwandelten sich in nähstoffreiche, was unter anderem das Algenwachstum beschleunigte. Dies wirkte sich nicht nur nachteilig auf die Fischerei, sondern auch auf die Trink- und Brauchwasserqualität aus.
Beispiellose Aufklärungsarbeit
Das Lebenswerk von Otto Jaag ist eng verbunden mit der Erkenntnis, dass der Bau von Abwasserreinigungsanlagen eine notwendige Voraussetzung für den Gewässerschutz bildet. Das war damals nicht allgemein bekannt. Deshalb hielt er überall Vorträge, um die Menschen über die Dringlichkeit eines umfassenden Gewässerschutzes aufzuklären.
Gründung der Schweizerischen Vereinigung für Gewässerschutz
Handlungsbedarf bestand aber auch in der Koordination der verschiedenen Akteure. Am 10. Dezember 1949 wurde deshalb die Schweizerische Vereinigung für Gewässerschutz mit Otto Jaag als Präsident gegründet. Es war eine Dachorganisation, die Vertreter der Fischerei, des Natur- und Heimatschutzes, der Volksgesundheit, der Medizin und Hygiene, der Wasserwirtschaft und Abwassertechnik, der Wirtschaft, der Behörden von Gemeinden, Kantonen und des Bundes sowie der Wissenschaft umfasste.
Das Bundesgesetz zum Gewässerschutz
Ein Höhepunkt für Otto Jaag war der 6. Dezember 1953, als das Volk mit über 80% den Schutz der Gewässer in der Bundesverfassung verankerte. Sowohl die Ausarbeitung der entsprechenden Gesetzestexte, als auch die politische Akzeptanz waren nicht zuletzt die Verdienste von Otto Jaag und seinem auf Ausgleich abzielenden Verhandlungsgeschick. Auch bei der Überarbeitung des Gesetzes 1971 wurde der bereits über 70-jährige Otto Jaag beigezogen.
Für seine vielfältigen Verdienste im Bereich des Gewässerschutzes erhielt Otto Jaag im Laufe seines Lebens zahlreiche Ehrungen. Er verstarb am 31. Juli 1978 in Zürich.