Rudolf Albert Koechlin

1859–1927
«Das Ausmass der Belastung, welches Rudolf Albert Koechlin mit seiner Tätigkeit als Verwaltungsrat auf sich genommen hatte, sollen folgende Angaben veranschaulichen: Er wirkte, soweit das heute noch feststellbar ist, in 22 Verwaltungsräten, von denen er neun präsidierte. Die Geschäftssitze waren europaweit gestreut, was eine erhebliche Reisetätigkeit bedingte. Zwischen 1914 und 1927 nahm R. A. Koechlin im Laufe eines Jahres durchschnittlich an 65 Sitzungen teil; im Spitzenjahr 1917 waren es sogar mehr als 100!»

Ein Bankier für die Elektrifizierung

Er stieg vom Banklehrling bis zum Präsidenten der Basler Handelsbank auf und übernahm unter anderem das Präsidium der F. Hoffmann-La Roche & Co.: Rudolf Albert Koechlin (1859–1927). Im Zentrum seines Wirkens stand aber die Förderung der elektrischen Energie und die Finanzierung von Kraftwerken.

Rudolf Albert Koechlin wurde am 15. Dezember 1859 in Zell im Wiesental (Baden-Württemberg, Landkreis Lörrach) als Sohn des Textilunternehmers Jean Albert Koechlin (1818–1889) und der Cécile geborene Burckhardt (1833–1895) geboren. 1875 ging Koechlins Schulzeit mit der Maturität am Real-Gymnasium am Münsterplatz in Basel zu Ende, und er entschied sich für eine kaufmännische Ausbildung im expandierenden Basler Bankgewerbe. Nach der Banklehre beim Institut Oswald Frères & Compagnie ging er 1878 für seine bankfachliche und sprachliche Weiterbildung nach Paris, bevor er den Militärdienst als Kavallerieoffizier absolvierte. Zurück in Basel trat er bei der Privatbank Rudolf Kaufmann ein.

Ende 1888 schrieb die Stadt Paris einen Wettbewerb zur Elektrifizierung aus. Auch Koechlin bewarb sich für eine Konzession im Stadtteil Clichy. Unter fünf Mitkonkurrenten machte er das Rennen, wodurch er künftig bei völliger Tariffreiheit die Stromversorgung eines grossen Gebiets sicherzustellen hatte. Neben der Bank Rudolf Kaufmann & Cie. und der Basler Handelsbank (BHB) beteiligte sich Siemens & Halske aus Berlin als Partner am Projekt.

Am 2. September 1886 heiratete Rudolf Albert Koechlin in Basel Marie Elisabeth Hoffmann (1866–1931), mit der er fünf Kinder hatte. Sie war die Schwester von Fritz Hoffmann-La Roche (1868–1920, s. Pionierband 24), dem Gründer der heutigen Roche. Als sich dessen pharmazeutische Gesellschaft nach dem Ersten Weltkrieg in grössten Schwierigkeiten befand, wendete sich Fritz Hoffmann-La Roche an Koechlin, um ihn über den bevorstehenden Konkurs zu unterrichten. In der Familie gebe es keine Konkurse, soll Koechlin darauf geantwortet haben, und er organisierte die Rettung der Firma mit der Beteiligung von Banken und Privatpersonen. Koechlin wurde daraufhin Präsident der neuen F. Hoffmann-La Roche & Co. AG.

Das Engagement in verschiedenen Verwaltungsräten war verbunden mit der führenden Stellung in der Basler Handelsbank. In diese trat Koechlin 1893 als Direktor ein, nachdem er bei der Bank Rudolf Kaufmann zum Teilhaber aufgestiegen war. Einige Jahre später wurde er Mitglied und Delegierter des Verwaltungsrats, und ab 1914 präsidierte er die Basler Handelsbank. In seine Zeit fiel auch die Einführung einer Pensionskasse bei der Basler Handelsbank im Jahr 1912.

 

Das unternehmerische Streben Koechlins war auf die Elektrifizierung der Schweiz und darüber hinaus ausgerichtet. Bereits das Pariser Projekt war sehr erfolgreich und so wollte Koechlin die Investitionstätigkeit mit der Firma Siemens & Halske fortsetzen. Zunächst konnte unter seiner Leitung die Finanzierung des Elektrizitätswerks Wynau im Kanton Bern (s. Pionierband 115) bewerkstelligt werden. Am 10. März 1896 wurde dann die schweizerische Gesellschaft für elektrische Industrie (Indelec) in Basel gegründet. Dieser Elektrotrust gehörte bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges zu den innovativsten und erfolgreichsten Investment Banken Europas.

 

Bücher und weitere Infos

Band 76

Rudolf Albert Koechlin-Hoffmann (1859–1927)

Ein Basler Bankier für Europa

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