Begründer der Tiergartenbiologie
Heini Hediger (1908–1992) steht exemplarisch für den Wandel, den der Zoo Zürich in seiner Geschichte von der primitiven Tierschau zum modernen Naturschutzzentrum durchmachte. Dafür brauchte es Pioniere wie ihn, die ihre Visionen auch gegen Widerstände durchzusetzen vermochten. Erfolgreich verband er wissenschaftliche Forschungsinteressen, eine artgerechte Tierhaltung und Besucherfreundlichkeit.
Als Student der Zoologie galt sein Hauptinteresse der Tierpsychologie, die sich mit den Handlungen und Ausdrucksweisen von Tieren befasst, um dadurch Aufschlüsse über ihr Seelenleben zu erhalten. Kurz nach seiner Promotion 1932 bewarb sich der 25-jährige Hediger quasi ohne praktische Erfahrung als Direktor beim Zoo Zürich. Und prompt wurde er zum Gespräch vorgeladen. Er skizzierte dabei vier Kernbereiche des modernen Zoos, die damals die Zooleitung überzeugten und auch heute noch als grundlegend gelten: Der Zoo als Erholungsraum, als Informationsquelle, als Naturschutzzentrum und als Forschungsstätte. Doch blieb ihm die Stelle als Zoodirektor in Zürich verwehrt – vorerst.
Hediger befasste sich fortan stets mit der Wissenschaft einerseits und der Praxis andererseits. 1935 habilitierte er an der Universität Basel. In seiner Zeit als Leiter des Berner Tierparks Dählhölzli verfasste er 1942 «Wildtiere in Gefangenschaft: Ein Grundriss der Tiergartenbiologie», welches zu einem bedeutenden Standardwerk in Zoo-Kreisen wurde. Ab 1944 leitete Heini Hediger den Basler Zoo, den er schon von Kindsbeinen an regelmässig besucht hatte. Hediger verlieh dem Zoo wichtige Impulse bezüglich Planung, Gestaltung und Tierhaltung, während er sich weltweit als gefragter Fachmann in Tiergartenbiologie und Tierpsychologie etablierte.
Heini Hediger war ein zielstrebiger Mensch, der seine Ideen auch gegen Widerstände durchzusetzen suchte. Sowohl den Tierpark Dählhölzli als auch den Basler Zoo vermochte er zu modernisieren. Doch an beiden Orten kam es auch zum Zerwürfnis mit seinen Vorgesetzen. Schliesslich wurde er 1953 zum Direktor des Zürcher Zoos gewählt. Auch hier verfolgte er konsequent seine Vorstellung von einem modernen Zoo. Er entwarf einen Gesamtgestaltungsplan, förderte eine artgerechte Tierhaltung, unterband den Tierhandel oder ersetzte die alten Namensschilder durch informative «Hediger-Tafeln». Vieles davon war damals neu und hatte Auswirkungen auf die Zoo-Welt in ganz Europa.
Seine Öffentlichkeitsarbeit bestand nebst Vorlesungen, Publikationen sowie Radio- und Fernsehbeiträgen insbesondere in den monatlichen Presseapéros. Sie sicherten ihm steigende Besucherzahlen, und sogar den Posten als Zoodirektor. Denn als Hediger nach Meinungsverschiedenheiten mit dem Zoo Vorstand 1958 entlassen wurde, ging ein Sturm der Entrüstung durch die Medien und durch internationale Fachkreise. Eine offizielle Untersuchung empfahl schliesslich, ihn als Zoodirektor wieder einzusetzen, worauf der Vorstand in corpore zurücktrat.
Heini Hediger, der unermüdliche Pionier der Tiergartenbiologie, ging 1973 als Zoodirektor in Pension, blieb aber noch einige Zeit als Professor tätig. Er verstarb am 9. August 1992 an Herzversagen in Zollikofen bei Bern.