Visionärer Flugzeugkonstrukteur
Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge für die Schweizer Armee war schon immer konfliktträchtig. Vielleicht wären die Diskussionen über Pro und Contra oder über Flugzeugtypen gar kein Thema, hätte die Schweiz eine eigene starke Flugzeugindustrie aufgebaut.
Um 1945 sind die Chancen dazu noch intakt, das Wissen und die Pioniere vorhanden: Einer von ihnen ist der gebürtige Bündner Hans-Luzius Studer (1907–1971). Die Liebe zur Ingenieurskunst wird ihm schon fast in die Wiege gelegt. Sein Vater baut den international bekannten «Wiesener-Viadukt» auf der Bahnstrecke zwischen Davos Platz und Filisur. Hans-Luzius Studer studiert an der ETH Zürich Maschinenbau und dissertiert im Bereich der Aerodynamik. Seine Ausbildung zum Militärpiloten endet jäh, als er beim Anwerfen eines Flugzeugs von einem Propellerflügel am Waffenrock erfasst und um 180 Grad gedreht wird. Die schwere Verletzung vermag gleichwohl seine Begeisterung für die Aviatik in keiner Weise zu trüben.
1936 beginnt Hans-Luzius Studer bei der AG für Dornierflugzeuge in Altenrhein (später Flug- und Fahrzeugwerke AG, FFA) und konstruiert dort unter anderem ein Wasserflugzeug, wie sein Sohn Luzius Studer als Autor schreibt. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten sowohl das staatliche Flugzeugwerk F+W Emmen als auch die private FFA den Auftrag, ein Kampfflugzeug für die Schweizer Fliegertruppe zu entwickeln. Doch aus politischen Gründen und angesichts einer Medienkampagne gegen das Projekt kann sich das technisch überzeugende Flugzeug P-16 von Studer nicht durchsetzen. Dafür begeistert sich der US-amerikanische Unternehmer und Erfinder Bill Lear für das Modell. So bildet der P-16 die Basis für den berühmten «Learjet». Dieser wird allerdings in den USA konstruiert und produziert, wohin Studer wegen seiner Kinder nicht folgen will. So kann er nur noch aus der Ferne beobachten, wie sein Flugzeug zur Legende unter den Business Jets wird. Studer selbst geht für seine letzten Berufsjahre nach tamburg und konstruiert dort erfolgreich den Hansajet. Ein innovatives Forschungsprojekt im Auftrag des deutschen Verkehrsministeriums ist das senkrecht startende Personenflugzeug «Vertibus». Man sieht darin einen Ansatz, um Stadtzentren direkter zu verbinden und die Flughäfen in die Städte zu holen. Es wird sogar angedacht, auf den Hauptbahnhöfen Decks für Senkrechtstarter einzurichten. Allerdings wird der Vertibus nie verwirklicht, die Start- und Landegeräusche wären extrem laut gewesen.
Konflikte, Intrigen und die unnötige Konkurrenz zwischen einem privaten und einem staatlichen Flugzeugwerk haben den Aufbau einer starken Flugzeugindustrie in der Schweiz verhindert. Der P-16 von Studer und das Konkurrenzflugzeug, N-20, werden beide nicht in Serie produziert und landen im Museum. Seither geben ausländische Flugzeughersteller den Ton an.