Der Bau von Wasserkraftwerken
Wasserkraft ist in der Schweiz seit Jahrhunderten eine wichtige Energiequelle, und als solche gerade in diesen Tagen wieder höchst aktuell. Die moderne Nutzung von Wasser zur Stromproduktion gibt es aber «erst» seit Ende des 19. Jahrhunderts, als mit dem Aufkommen der Elektrizität grosse Wasserkraftwerke gebaut wurden. Ein Mann der ersten Stunde war dabei auch Conradin Zschokke (1842–1918), der beim Bau der ersten Wasserkraftwerke in der Schweiz und im benachbarten Ausland pionierhaft wirkte.
Zschokkes erste Tätigkeiten galten jedoch noch nicht dem Bau von Wasserkraftwerken, sondern dem Brückenbau. Nach der Ingenieurschule am Eidgenössischen Polytechnikum (heute ETH) trat er in die Firma seines Onkels «Näf & Zschokke» in Aarau ein. Im Dezember 1864 trat er eine Stelle bei der Firma A. Castor in Paris an, bei der er 1867 erstmals die Bauleitung einer grossen Quai-Anlage im Hafen von Annaba in Algerien übernehmen konnte. Brückenbauten, wie jene einer Donaubrücke in Wien, der Bau von Trockendocks in Toulon oder Flussregulierungen in Rom führten Zschokke quer durch Europa. Ab 1876 als eigenständiger Unternehmer, lebte er mit seiner Familie während Jahren in verschiedenen europäischen Grossstädten.
1890 liess sich Zschokke endgültig in der Schweiz nieder. Er übernahm die Bauleitung des ersten grossen Wasserkraftwerks der Schweiz in Rheinfelden. Noch vor Abschluss der Bauarbeiten projektierte er das Kraftwerk Hagneck, wo seine Spezialität der Druckluftgründung zum Einsatz kam. Mit dem Bau des 126 Meter langen Aare-Wehrs Beznau sowie den Kraftwerken Augst-Wyhlen und Laufenburg erbrachte er weitere Pionierleistungen. Nebst seiner Tätigkeit als Wasserbauer unterrichtete Conradin Zschokke am Polytechnikum im Bereich Wasser- und Grundbau. Zwischen 1897 und 1917 sass er für die freisinnige Partei im Nationalrat. Nur ein Jahr nach seinem Rückzug aus dem öffentlichen Leben verstarb Conradin Zschokke 76-jährig.
Zschokkes Pionierleistungen liegen im Bereich der Druckluftgründung, die sowohl beim Bau von Brückenpfeilern, als auch von Flusskraftwerken zum Einsatz kommt. Dabei wird ein nach oben geschlossener Caisson (Senkkasten) auf den Grund abgelassen. Im Gegensatz zur bekannten Taucherglocke wird das Wasser mit Druckluft vollständig aus dem Caisson verdrängt, sodass die Arbeit «trockenen Fusses» stattfinden kann. Der zumeist weiche Untergrund wird abgetragen, womit sich der Caisson mehr und mehr in den Flussboden eingräbt, bis ein stabiler Untergrund erreicht wird. Wenn der Caisson fest im Untergrund verankert ist, wird er vollständig mit Beton oder einem anderen Baumaterial ausgefüllt. Damit dient der Caisson als Fundament für einen Brückenpfeiler oder eine Staumauer. Diese Technik verbesserte Conradin Zschokke mit verschiedenen Entwicklungen massgeblich. Zum Beispiel vereinfachten seine verschiebbaren (das heisst schwimmfähigen) Caissons die Erstellung von langen Unterwasserbauten. Oder mit spezielle Schleusen für die gesonderte Abfuhr des Aushubs und die Zufuhr von Baumaterial steigerte er die Effizienz und die Sicherheit der Arbeit in den Caissons stark.