Staatsvertrag über die Rheinkorrektion
Arnold Otto Aepli war ein Wegbereiter der politischen Konzilianz in der Schweiz. Als gemässigter Liberaler suchte er den Ausgleich zwischen den liberalen und konservativen Strömungen im Kanton St. Gallen sowie im jungen Bundesstaat. Als «Vater» der St. Galler Friedensverfassung von 1861 und als Förderer der Ostschweizer Eisenbahnen half er mit, entscheidende Grundlagen für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt zu schaffen. Die Krönung seines Wirkens bildete der Staatsvertrag zur Rheinkorrektion 1892, der die Grundlage für die bis heute andauernde Regulierung des Alpenrheins bildet.
Als der Bundesrat im Frühjahr 1883 Aepli die Botschafterstelle in Wien anbot, lehnte dieser zunächst ab. Doch sein Verantwortungsgefühl und das Bewusstsein um die Wichtigkeit der diplomatischen Beziehungen zum östlichen Nachbarn, liessen Aepli umdenken. In Wien erwartete ihn eine andere Welt. Denn er befand sich in der Verwaltungszentrale einer europäischen Grossmacht, wo nicht nur die gesellschaftlichen Gepflogenheiten mit dem höfischen Protokoll ganz anders waren als in der Schweiz. Mit seinen über 40 Millionen Einwohnern war Österreich-Ungarn der ungleich grössere Partner als die Schweiz mit damals rund 2,8 Millionen Einwohnern.
Gute Beziehungen, die er bereits als St. Galler Regierungsrat zu ranghohen Vertretern der Habsburgermonarchie pflegte und sein diplomatisches Geschick führten aber zum Erfolg. Bereits 1888 konnte ein umfassender Handelsvertrag zwischen der Schweiz und Österreich-Ungarn abgeschlossen werden, 1892 folgte dann der Staatsvertrag über die Rheinkorrektion. Hauptbestandteil des Staatsvertrags waren die beiden Durchstiche bei Diepoldsau und Fussach. Damit wurde der Rhein um rund 10 Kilometer verkürzt, was die Neigung und damit die Fliessgeschwindigkeit erhöhte. Für den künftigen Unterhalt der Rheinbauten wurde die Internationale Rheinregulierung gegründet, welche bis heute besteht.
Aepli war ein Brückenbauer, nicht nur am Rhein. Mit seinem ruhigen, reflektierten und ausdauernden Charakter sowie seinem zurückhaltenden Auftreten wurde er auch als Gesandter 1860 nach Genf gesandt, als dort bewaffnete Genfer Bürger die Grenze zu Savoyen überquert hatten, in der Hoffnung, die dortige Bevölkerung für einen Anschluss Nordsavoyens an die Schweiz gewinnen zu können. Sein bedachtes Vorgehen brachte ihm den Dank seitens des Bundesrates und die Genfer Ehrenbürgerschaft ein. Später vermittelte er bei den Grenzstreitigkeiten rund um Oberegg zwischen Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden. Die Halsstarrigkeit der Appenzeller brachte dabei selbst Aepli an seine Grenzen, sodass schliesslich die Bundesversammlung über die Grenzfragen entschied. Der grösste Erfolg in seiner Heimat war dagegen die Verfassungsrevision im Kanton St. Gallen. Die von Aepli geprägte, sogenannte Friedensverfassung von 1861 sorgte für den Ausgleich zwischen Liberalen und Konservativen im Kanton.