Anton Schrafl

1873–1945
«Wenn heute die Bundesbahnen im Urteil der ausländischen Fachwelt als vorbildlich organisiertes Unternehmen gelten, das nach den internationalen Statistiken mit dem gegebenen Betriebsapparat den grössten Erfolg erzielt, so ist das in erster Linie dem unermüdlichen Bemühen der Leitung von Anton Schrafl zu verdanken.»
Zeitung des Vereins Mitteleuropäischer Eisenbahn-Verwaltungen, 1938

Eisenbahn-Elektrifikation in der Schweiz

Anton Theodor Friedrich Schrafl war als ausgebildeter Bauingenieur ein grosser Unterstützer der Eisenbahn-Elektrifikation der ersten Stunde. Dank seines unermüdlichen Einsatzes konnte die Elektrifikation der SBB in raschem Tempo erfolgreich voranschreiten. Dadurch wurde gerade auch in aussenpolitisch unsicheren Zeiten eine grössere Unabhängigkeit von importierten Treibstoffen wie Kohle erlangt.

Anton Theodor Friedrich Schrafl wurde am 19. Januar 1873 als Sohn von Anton Peter August Schrafl (1841–1916) und Eugenie Buisson in Lugano geboren. Das Gymnasium besuchte er in Freiburg im Breisgau, woher seine Mutter stammte und danach an der Kantonsschule in Luzern. Am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich (heute ETH) absolvierte er das Studium des Bauingenieurs, das er 1896 abschloss. Bereits als Gymnasiast trat er dem Zofingerverein bei und wechselte als Student zum Corps der Tigurinia. Ein Schmiss unter dem linken Mundwinkel zeugte von deren Fechttradition.

Nach ersten Anstellungen als Ingenieur für die Tösskorrektion und als Bauführer der Neubaustrecke Reichenau–Ilanz trat Anton Schrafl 1902 als Adjunkt von Oberingenieur Salomon seine Stelle bei der Gotthardbahn an. Als technischer Experte vertrat er die Gotthardbahn beim langwierigen Entschädigungsprozess im Rahmen der Verstaatlichung. Aber auch die Elektrifizierung war schon vor der Verstaatlichung ein Thema, für das sich Schrafl einsetzte. Angesichts der grossen Veränderungen wurden aber keine zukunftsweisenden Projekte mehr vorangetrieben.

Nach der Verstaatlichung der Gotthardbahn 1909 wurde Anton Schrafl Stellvertreter des Oberingenieurs bei den SBB, und schon 1911 wurde er Mitglied der Kreisdirektion und Vorsteher des Baudepartementes. Ab 1913 wurde die Bergstrecke der Gotthardbahn elektrifiziert, wodurch Schrafl mit den notwendigen Tunneltrockenlegungen, Gleisabsenkungen und dem Fahrleitungsbau betraut wurde.

Nach wie vor ging der Verwaltungsrat das Thema Elektrifikation aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nur zögerlich an. Zum Umdenken beigetragen hatte der Erste Weltkrieg. Vor Kriegsbeginn 1914 hatten die SBB monatlich 60’000 Tonnen Kohle verbraucht, 1917 standen monatlich nur noch 37’000 Tonnen zur Verfügung und das zu einem verfünffachten Preis. Schliesslich verabschiedete die SBB 1918 ein Programm «über die Einführung des elektrischen Betriebes auf dem Netze der Bundesbahnen», das die Elektrifizierung innerhalb von 30 Jahren vorsah.

Anton Schrafl setzte sich bald für eine beschleunigte Elektrifizierung ein, die auch der Arbeitsbeschaffung in den Krisenjahren dienen sollte. Zwischenzeitlich wurde er vom Bundesrat in die Generaldirektion der SBB berufen, wo er das Bau- und Betriebsdepartement übernahm. 1926 wurde er schliesslich Präsident der Generaldirektion und übte diese Funktion bis zu seinem altersbedingten Rücktritt Ende Februar 1938 aus. Damit gehörte er zu den wichtigsten Promotoren der beschleunigten Elektrifizierung des SBB-Netzes, die als internationale Pionierleistung gilt: 1930 waren in der Schweiz 64 Prozent des Schienennetzes elektrifiziert, im übrigen Europa nur 2 Prozent.

Bücher und weitere Infos

Band 77

Pioniere der Eisenbahn-Elektrifikation

2. Auflage

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