Richard La Nicca

1794–1883
«Die ausserordentliche Aktivität Richard La Niccas war von einer geradezu leidenschaftlich verfochtenen Idee und vom klaren Willen beherrscht, im Interesse des ganzen Landes den technischen Fortschritt nicht zu verpassen und eine Nord-Süd-Verbindung von internationaler Bedeutung zu schaffen.»

Vielseitiger Wasserbauer

Naturgefahren wie Überschwemmungen oder der drohende Bergsturz in Brienz (GR) haben die Menschen speziell im Alpengebiet schon immer herausgefordert. Zu meistern waren technische und organisatorische Schwierigkeiten, die sich aufgrund schwacher staatlicher Institutionen ergaben. Ein früher Vertreter war Richard La Nicca (1794–1883), der nach einer Ausbildung im Ausland als erster Kantonsingenieur von Graubünden sowohl in der Strassen- und Eisenbahnplanung als auch im Wasserbau Pionierarbeit leistete.

Richard La Nicca kam am 16. August 1794 in Tenna im Safiental als ältestes Kind des Pfarrers Christian La Nicca zur Welt. Die Familie zog 1800 nach Masein oberhalb Thusis und 1804 nach Felsberg bei Chur. Nach dem Besuch der Kantonsschule in Chur und nach kurzen militärischen Auslandsaufenthalten begab er sich 1816 an die Universität Tübingen, wo er bei Johann Gottlieb Friedrich von Bohnenberger (1765–1831) Mathematik studierte und sich auch in den Fächern Kanaltechnik, Topographie und Bautechnik ausbilden liess. 1817 war er als Vermesser in österreichischen Diensten in der Poebene tätig und besuchte Kurse an der Mailänder «Accademia di Belle Arti di Brera», bevor er Assistent des Tessiner Staatsrats Giulio Pocobelli (1766–1843) wurde. Es folgte ein Semester an der Universität München und schliesslich 1823 die Rückkehr nach Graubünden, wo er die neu geschaffene Stelle des Kantonsingenieurs antrat.

Hier widmete sich Richard La Nicca zunächst dem Strassenbau und leistete verschiedentlich Militärdienst bis zum Rang eines Oberstleutnants. 1828 schlug er die Domleschger Rheinkorrektion vor, indem er auch plante, die Talebene durch gezielte Überflutung mit schlammreichem Wasser allmählich in fruchtbares Land zu verwandeln. Da die Bündner Regierung diesem Projekt kritisch gegenüberstand, gründete La Nicca nach dem Vorbild der Linthkorrektion eine private Aktiengesellschaft und konnte somit mit dem Projekt beginnen. Das Hochwasser von 1834 brachte diese Arbeiten zwar zum Erliegen, doch die bisherigen Bauten hielten den Wassermassen stand. Die anschliessende Hilfsaktion wurde erstmals in der Bündner Geschichte vom Kanton koordiniert.

Neben der technischen Oberleitung der ersten Juragewässerkorrektion trat Richard La Nicca 1840 auch als technisches Mitglied in die Linthkommission ein, der er bis 1862 angehörte. An der Linth vollendete er den Ausbau des Escherkanals und bestimmte die Grundstücksgrenzen am Walenseeufer. Weiter setzte La Nicca nach zwei Dammbrüchen die Verlängerung des Escherkanals in den Walensee fort. Auch führte er die Sprengung des Felsenriffs bei der Ziegelbrücke weiter, die bereits Hans Conrad Escher (1767–1823) begonnen hatte. Dadurch konnte der Ausfluss des Walensees verbessert werden, was zu einer weiteren Senkung des Seespiegels führte.

Nachdem La Nicca die Ursache des Geschiebes, das massgeblich zu den Überschwemmungen der Linthebene führte, in den Glarner Wildbächen fand, regte er zu deren Verbauung an. In Zusammenarbeit mit dem österreichischen Fachmann Joseph Duile wurde der Kanton Glarus auf dem Gebiet der präventiven Wildbachverbauungen führend. Dies bedeutete einen epochemachenden Übergang von der Symptom- zur Ursachenbekämpfung im Hochwasserschutz.

Im hohen Alter von 84 Jahren durfte Richard La Nicca die Eröffnung des Hagneck-Kanals, der das Herzstück der Juragewässerkorrektion bildete, miterleben. Er verstarb fünf Jahre später am 27. August 1883 in Chur.

Bücher und weitere Infos

Band 82

Herren über wildes Wasser

Die Linthingenieure als Bundesexperten im 19. Jahrhundert

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