«Gut gedruckt»
Sie war eine Perle der Schweizer Maschinenindustrie, die Zeitungsdruckmaschinen-Fabrik Wifag aus Bern. Dank grossartiger Innovationen konnte sie sich während Jahrzehnten gegenüber der harten ausländischen Konkurrenz behaupten. Ihre Konstruktionen setzten neue technische Massstäbe und waren richtungsweisend für die Entwicklung von Druckmaschinen. Ende der 2000er Jahre geriet die Wifag durch den Wandel der Medienbranche, die Finanzkrise und personelle Wechsel in eine Krise, von der sie sich nicht mehr erholen konnte und die zum Ende der Geschäftstätigkeit führte.
Den Grundstein für den 100-jährigen Erfolg der Wifag legte der deutsche Carl Winkler (1877–1954), der nach einer Lehre bei der Leipziger Buchdruckerei an verschiedenen Orten in Deutschland Druckmaschinen reparierte und Druckzylinder goss. Als Auslandvertreter für Firmen im graphischen Gewerbe kam Winkler kurz vor der Jahrhundertwende in die Schweiz. Er heiratete die Bernerin Elisa Balli und gründete ein eigenes Geschäft für Druckmaschinen. Jedoch musste er auch andere Aufträge ausführen, um in den ersten Jahren über die Runden zu kommen. Dabei zeigte sich seine Kreativität und sein Sinn fürs gute Geschäft. Dem Trend jener Zeit folgend reparierte er Fahrräder und später auch Automobile. Mehr und mehr verlagerte er seinen Schwerpunkt auf die Druckmaschinenbranche und gründete schliesslich 1904 zusammen mit Otto Wagner und Fritz Philipp Fallert die «Winkler, Fallert und Cie.».
In den ersten Jahren handelte die Firma mit Maschinen ausländischer Hersteller – mit grossem Erfolg, denn schon 1906 konnten 29 Arbeiter beschäftigt werden. Der endgültige Durchbruch gelang Winkler dann aber mit Eigenkonstruktionen. Die erste Maschine aus seiner Hand diente dem Zusammentragen und Adressieren von Zeitungen. Mit ihr konnten 2 Personen dieselbe Arbeit verrichten, welche vorher rund 50 Arbeitskräfte beanspruchte. Bestärkt durch diesen Erfolg konstruierte Winkler eine ganze Serie von Maschinen, die zahlreiche Arbeitsschritte des Druckprozesses rationalisierten, etwa das Giessen und Setzen der Bleilettern. Den Höhepunkt stellten die sogenannten Rotationsmaschinen dar. Wie heute noch üblich, wurde das Papier dabei direkt von Rollen in die Druckmaschine gegeben. 1919 konnte die erste Rotationsdruckmaschine ausgeliefert werden, zahlreiche weitere folgten. Winkler lieferte fortan in die Schweiz, nach Mailand, Paris und sogar bis nach Rio de Janeiro.
Trotz dieser Erfolge war die Geschichte der Wifag auch geprägt durch verschiedene Krisen. Der Zeitungsmarkt reagierte stark auf die allgemeine Wirtschaftslage. So trafen die Wirtschaftskrisen, wie jene nach dem Börsencrash 1929, auch die Wifag hart. Mehrmals musste sie saniert werden. Auch die Modernisierung des Maschinenparks erforderte in regelmässigen Abständen grosse Investitionen. So kam es 1919 zur Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft, an deren Spitze nicht mehr Carl Winkler, sondern die wichtigsten Geldgeber standen. Winkler seinerseits musste sich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, in seinen Geschäften keine Ordnung zu halten und die Ausgaben nicht im Griff zu haben. Nach finanziellen Ungereimtheiten und persönlichen Auseinandersetzungen musste er 1933 aus seiner eigenen Firma austreten. Er gründete daraufhin ein technisches Büro, das sich mit Konstruktionsproblemen an Rotationsmaschinen beschäftigte. Carl Winkler starb 1954 an den Folgen seiner Zuckerkrankheit.