Mit dem Linthkanal gegen Überschwemmungen
Ende des 18. Jahrhunderts kam es rund um den Walensee zu immer häufigeren Überschwemmungen. Die Dörfer am See waren kaum noch bewohnbar, die Böden der Linthebene versauerten, Malaria breitete sich aus. Grund dafür waren die Linth und ihre Nebenflüsse, die mit ihrem Geschiebe den Abfluss des Walensees hemmten. Bereits 1783 gab die Tagsatzung erste Projekte in Auftrag, deren Realisierung sich aber über Jahrzehnte erstreckte. Das Linthwerk wurde zu einer nationalen Aufgabe, lange bevor es einen Schweizer Nationalstaat gab. Und die Linthingenieure wurden zu Bundesexperten, als sich bundesstaatliche Souveränität erst bildete. Einer von ihnen war Gottlieb Heinrich Legler (1823–1897), der ab 1866 das letzte Kanalstück des Linthwerkes realisierte.
Gottlieb Heinrich Legler wurde am 6. Februar 1823 in Antwerpen als Sohn des Thomas Legler und der Katharina Kundert geboren. Sein Vater hatte als Grenadieroberleutnant 1812 an Napoleons Russlandfeldzug teilgenommen, was ihm einige Berühmtheit einbrachte. Zunächst wuchs Gottlieb Heinrich Legler in den Niederlanden auf, bevor er in den 1830er Jahren die obere Industrieschule in Zürich besuchte. Im Sommersemester 1841 immatrikulierte er sich in naturwissenschaftlicher Richtung an der philosophischen Fakultät der noch jungen Universität Zürich und wechselte 1842 an das k.u.k. Polytechnische Institut der Universität Wien.
Im Jahre 1845 wurde Gottlieb Heinrich Legler auf Empfehlung des Landammanns Dietrich Schindler (1795–1882) zum Adjunkten des Linthingenieurs Richard La Nicca (1794–1883) gewählt. Von nun an beschäftigte sich Legler mit Wildbachverbauungen. Neben seiner Tätigkeit als Zivilingenieur verfolgte Legler bis 1865 auch eine militärische Laufbahn. So wirkte er im Sommer 1855 als Bauführer bei den Festungsbauten am St. Luziensteig.
1862 wurde Legler als Nachfolger von Richard La Nicca erster vollamtlicher Linthingenieur und arbeitete in dieser Funktion bis 1895. Dank eines neuen Finanzierungsmodells des Linthwerks unter Mitwirkung von Bund, Kantonen und Gemeinden konnte Legler während seiner Laufbahn rund 2,1 Millionen Franken in den längst fälligen Ausbau der Kanäle investieren. Ein Höhepunkt war der Bau des letzten Teils des Linthkanals von der Grynau in den Obersee bei Schmerikon, den Legler ab 1866 realisierte.
Um die Erfolge der Linthkorrektion über die Jahre ablesen zu können, erstellte Gottlieb Heinrich Legler eine umfassende Liste mit bekannten Wasserständen früherer Jahre. Dazu studierte er die Schriften von Hans Konrad Escher, alte Pläne, Walenseebeobachtungen in Weesen, Mühlehorn und an der Ziegelbrücke sowie Kommentare von Augenzeugen. 1867 liess er die Resultate dieser Liste in einen 8 Meter hohen, steinernen Wasserstandsanzeiger am Ufer des Walensees hauen.
Gottlieb Heinrich Legler wurde bald ein gefragter Experte auf dem Gebiet der Wildbachverbauung, der Entsumpfung sowie der Fluss- und Seeregulierung. Er verfasste Beurteilungen für die Regulierung verschiedener Seen, projektierte mehrere Flussbegradigungen und beschäftigte sich mit Projekten zur Nutzung der Wasserkraft in der ganzen Schweiz.
Daneben verfasste Legler auch Abhandlungen über kriegerische Ereignisse und machte Zeichnungen von Glarner Kunstdenkmälern. Zu den zahlreichen Engagements in Vereinen gehörte seine Tätigkeit im Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) und im Glarner Kunstverein, den er ab 1872 bis zu seinem Tod am 4. März 1897 präsidierte.