Gottlieb Duttweiler

1888–1962
«Mit der ihm eigenen Mischung aus kaufmännischer Findigkeit und sozialpolitischer Vision hat er früher als andere Bedürfnisse erkannt und Trends vorweggenommen. Und immer hat er uns den ‹Migros-Geist› vorgelebt, den wir erhalten und beleben sollten: klar und einfach denken, Herz und Hirn zusammenwirken lassen, mutig handeln und die Gegner nicht scheuen.»
Jules Usteri, 2000

Die Gründung der Migros

Gottlieb Duttweiler (1888–1962) begründete mit einem überraschend einfachen und auf Effizienz ausgerichtetes Geschäftsmodell den Erfolg der Migros.

Gottlieb Duttweiler wurde am 15. August 1888 in der Zürcher Altstadt als drittes Kind von fünf Kindern von Gottlieb (1850–1906) und Elisabeth (1857–1936) Duttweiler-Gehrig geboren. Sein Vater arbeitete als Verwaltungsgehilfe und «Speisemeister» bei verschiedenen Arbeitgebern und war kurze Zeit Gastwirt, bevor er 1886 zum Verwalter des Lebensmittelvereins Zürich (LVZ) berufen wurde. Gottlieb Duttweilers Handelstalent fiel schon in der Schule auf und so absolvierte er eine kaufmännische Lehre beim Handelsbetrieb «Pfister & Sigg». Bereits im dritten Lehrjahr wurde er als Reisender zur Kundschaft geschickt und brachte viele Bestellungen nach Hause. Im Frühjahr 1907 schloss er die Lehre mit dem zweitbesten Ergebnis seines Jahrgangs ab.

Mit erst 19 Jahren wurde Duttweiler Niederlassungsleiter seiner ehemaligen Lehrfirma in Le Havre und lernte dort als Handelsagent die Finessen des internationalen Kaffeehandels kennen. Später übernahm er die Firmenvertretung in Genua. Als er eine Gewinnbeteiligung von 25 % forderte, stieg Nathan Sigg aus dem Geschäft aus. Duttweiler trat an seine Stelle und war nun mit nur 29 Jahren Mitinhaber der international tätigen Handelsfirma «Pfister & Duttweiler».

Duttweiler zeichneten nicht nur eine kaum vorstellbare Arbeitskraft aus, sondern auch die Fähigkeit, Niederlagen in positive Energie umzuwandeln. In Folge des Ersten Weltkriegs musste er seine Firma 1920 liquidieren. Um alle Gläubiger auszuzahlen, brachte Duttweiler auch seine Villa am Zürichsee, den Martini-Wagen und seine Kunstsammlung in die Liquidationsmasse ein. Zudem sorgte er dafür, dass alle Angestellten eine neue Arbeitsstelle erhielten. Er selbst schaute sich ebenfalls nach neuen Marktfeldern um und betätigte sich in den folgenden Jahren als Händler und sogar als Farmer in Brasilien.

Am 29. März 1913 heiratete er Adele Bertschi (1892–1990) und zog mit ihr nach Rüschlikon. Adele hatte zwar nie eine formelle Funktion ausgeübt in seinen Geschäften, aber sie hatte grossen Einfluss auf das Denken und die Entscheide ihres Mannes. So hatte sie auch einen entscheidenden Anteil am Aufbau und der Ausrichtung der Migros.

Der Migros-Gründung lag die Idee zugrunde: tiefere Preise durch weniger Gewinn und höheren Umsatz. Die Unkosten wurden durch ein kleines Sortiment, schnellen Warenumschlag und den Verzicht auf teure Ladenmieten tief gehalten. Aus den USA kannte Duttweiler die fahrenden Läden, die er ab 1925 mit seinen Verkaufslastwagen zunächst in verschiedenen Gemeinden im Kanton Zürich kopierte. Es begann mit einem kleinen Sortiment von unverderblichen, unzerbrechlichen und markenlosen Waren. Trotz teilweise massivem Widerstand durch die Detailhändler und Gewerbeverbände, die Druck auf die Behörden ausübten, wurde das Geschäft auf Rädern ein voller Erfolg, sodass schon Ende des Jahres 1925 das Sortiment erweitert werden konnte.

Bücher und weitere Infos

Suche