Johannes Knechtenhofer

1793–1865

«Johannes Knechtenhofer führte das von Anfang an sehr erfolgreiche Schiff längere Zeit persönlich. Es kann davon ausgegangen werden, dass sowohl fahrplanmässige Fahrten als auch sogenannte ‹Promenaden› durchgeführt wurden, gewiss jeweils unterbrochen von allerhand Probefahrten und Nacharbeiten. Fest steht, dass das Wahrzeichen der ‹Bellevue›, die berühmt-berüchtigt gewordene Trompetenmechanik, als Attraktion schon von allem Anfang an den Schiffsbug zierte.»

Gastgeber zu Land und zu Wasser

Die Gebrüder Knechtenhofer befuhren ab 1835 als erste den Thunersee mit Dampfschiffen. Und das obwohl oder gerade weil sie eigentlich im Hotelgeschäft tätig waren.

Die Brüder Johann Jakob (1790–1867), Johannes (1793–1865) und Johann Friedrich (1796–1871) Knechtenhofer betätigten sich zunächst in Sumiswald als Leinenhändler. Als die Geschäfte zu harzen begannen, kehrten sie nach Thun zurück, wo der Vater ein ansehnliches Grundstück besass. Im Jahr 1830 erbauten die Knechtenhofers unter der Federführung des ältesten Bruders, Johann Jakob, das Hotel «Bellevue» auf dem väterlichen Gut. Sie erkannten im aufblühenden Tourismus ein künftiges Betätigungsfeld, das insbesondere durch englische Gäste angetrieben wurde. Entsprechend wurde das «Bellevue» als luxuriöses Hotel eingerichtet. Bereits ein Jahr später erwarben sie das sogenannte Ländtehaus, eine einfache Wirtschaft am Aareufer (heute Bateau à Vapeur). Sie setzten also sowohl auf den hochpreisigen Tourismus als auch auf die weniger begüterten Gäste.

Das pionierhafte Verhalten der Knechtenhofer Anfang der 1830er Jahre war mustergültig. Ihre Hotels drohten vom Verkehr abgeschnitten zu werden, als die Befestigung einer Strasse von Thun nach Interlaken geplant wurde. Dabei wurde die Strasse dem Südufer entlang über Spiez bevorzugt, während die Knechtenhofers am nördlichen Ufer gelegen waren. Um diesen Standortnachteil wett zu machen, organisierten sie den ersten Dampfschiffbetrieb auf dem Thunersee mit einer Schiffsstation direkt vor ihrer Haustür. Damit erreichten sie nicht nur einen Aufschwung ihrer Hotels, sondern trugen wesentlich zum wirtschaftlichen und touristischen Aufschwung der ganzen Region bei. Typisch für die Pioniere des 19. Jahrhunderts waren sie nicht nur Ideen- und Geldgeber, sondern legten auch im täglichen Betrieb Hand an. So liess sich Johannes Knechtenhofer von Philippe Suchard, dem Schokoladen- und Dampfschiffpionier aus Neuenburg, persönlich zum Kapitän ausbilden.

Am 31. Juli 1835 fand die Jungfernfahrt der «Bellevue» – die Knechtenhofers tauften ihr Schiff auf den Namen ihres Hotels – statt. Die «Bellevue» war sowohl als fahrplanmässiges Kurs- und Postschiff unterwegs, als auch für sogenannte «Promenaden»: Rundfahrten für gutbetuchte Feriengäste. Zur Attraktion auf dem Schiff wurde eine dampfbetriebene Trompetenmechanik, die anstelle eines einfachen Horns am Bug placiert wurde. 16 Melodien konnte sie schmettern, die englischen Gäste wurden unter anderem mit der Melodie von «God save the Queen» in Empfang genommen.

Bereits in den ersten Jahren beförderte die «Bellevue» rund 25’000 Passagiere. Wie erwartet wirkte sich der erfolgreiche Schiffsbetrieb auch auf die Hotels der Knechtenhofer positiv aus, sodass sie um 1840 noch eine «Pension Bellevue» errichteten. Das Hotel Bellevue selbst wurde in diesen Jahren zu einer der vornehmsten Adressen in ganz Europa. Der Erfolg der Gebrüder Knechtenhofer rief aber auch die Konkurrenz auf den Plan. Schon hatten diese 1843 ein moderneres Schiff bestellt, als man sich auf eine Fusion einigen und damit einen ungesunden Konkurrenzkampf abwenden konnte. Wiederum war es Johannes Knechtenhofer, der als Kapitän das neue Schiff «Niesen» steuerte. Die «Bellevue» wurde auf den Brienzersee verfrachtet, wo es unter dem Namen «Faulhorn» verkehrte. Im Winter 1857/58 kam es wieder auf den Thunersee zurück, wo es als Ersatzschiff und später als Schleppkahn im Einsatz stand, bevor es am 2. April 1864 während eines Sturms sank. Die Knechtenhofers hatten sich derweil aus der Schifffahrt zurückgezogen und konzentrierten sich wieder ganz auf die Hotellerie.

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