Pioniere sind auch Einwanderer

Pioniere sind auch Einwanderer

Die eingewanderten Pioniere haben grossen Anteil an der Schweizer Erfolgsgeschichte. Zu diesen gehört der deutsche Apotheker Heinrich Nestle (1814–1890)→ Bd. 2, der in der Westschweiz einen fruchtbaren Boden für seine unternehmerische Tätigkeit findet. 1867 lanciert er das «Kindermehl», ein Milchpulver für Säuglinge. Damit legt er den Grundstein für den weltweit grössten Nahrungsmittelkonzern. Nestlé beschäftigt 2012 rund 330’000 Mitarbeitende. Ebenfalls deutscher Herkunft sind Franz Carl Weber (1855–1948)→ Bd. 37, Gründer des gleichnamigen Spielwarengeschäfts in Zürich, Max Zeller (1834–1912)→ Bd. 70, Apotheker aus Romanshorn und Entwickler des «Zellerbalsams», sowie Walter Boveri (1865–1924)→ Bd. 55. Dieser gründet zusammen mit dem Engländer Charles E. L. Brown (1863–1924)→ Bd. 55 1891 die Kommanditgesellschaft Brown, Boveri & Cie. in Baden – die heutige ABB Ltd. Sie ist weltweiter Marktführer im Bereich der Energie- und Automationstechnik. Die beiden aus der Donaumonarchie stammenden Pioniere sind Friedrich von Martini (1833–1897)→ Bd. 54 und Aurel Stodola (1859–1942)→ Bd. 75. Von Martini ist Erfinder und Produzent von Schweizer Automobilen. Stodola, der schon mit
33 Jahren als Professor auf den Lehrstuhl für Maschinenbau und -konstruktion des Eidgenössischen Polytechnikums berufen wird, gilt als geistiger Vater der Dampf- und Gasturbine.
Schweizer Pioniere wiederum haben an verschiedenen Orten der Welt ihre Spuren hinterlassen. Othmar H. Ammann (1879–1965)→ Bd. 41 wirkt in den USA als bedeutender Brückenbauer. Die weltbekannte Automarke Chevrolet geht ebenfalls auf einen Schweizer zurück. Der in La Chaux-de-Fonds geborene Uhrmachersohn Louis Chevrolet (1878–1941)→ Bd. 11 wandert 1901 in die USA aus und legt dort das Fundament für den gleichnamigen Automobilkonzern.
Die Schweiz ist lange Zeit ein Auswanderungsland. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wandelt sich die Schweiz zum Einwanderungsland und profitiert damit von der Quantität und Qualität der zugezogenen Arbeitskräfte. Damals wie heute sind «Brain-Gain» und auch die Verfügbarkeit von Handwerkern zentrale Faktoren des Erfolgsmodells Schweiz: Erste Einwanderungswellen setzen ab dem 16. Jahrhundert ein, als protestantische Glaubensflüchtlinge in der Schweiz Asyl suchen. Später entwickelt sich daraus die Uhrenindustrie, welche insbesondere in der Westschweiz Exportschlager produziert. Mitte des 19. Jahrhunderts sind es politische Flüchtlinge – viele von ihnen liberale Geistesgrössen, Unternehmer und Handwerker –, die aus den europäischen Monarchien in die Schweiz flüchten, um Repressionen zu entgehen. 1860 beträgt der Anteil der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung in der Schweiz 4,6% – bis 1910 steigt er auf 14,7%. Mitte 2012 liegt die Zahl bei 22,7%.

Angaben in Prozent