Hermann Kummler-Sauerländer

1863–1949
«Ende Dezember 1905 wurde Kummler von BBC zu einer vertraulichen Besprechung nach Baden eingeladen, wo man ihm eröffnete, dass das Badener Unternehmen mit der elektrischen Ausrüstung des Simplontunnels beauftragt werden solle. Erschwerend sei, dass andere Unternehmen der Grossbaustelle während der Arbeit den Tunnel durchfahren müssten und freie Bahn für den Einzug der Fahrleitung in die zuvor zu montierenden Halterungen nur für 36 Stunden zugesichert werden könne.»

Pionier der Elektrifikation

Um 1880 brach das Zeitalter der Elektrotechnik an. Der elektrische Strom revolutionierte die Mechanik und Produktion, liess Städte erstrahlen und brachte eine Vielzahl neuer Alltagsprodukte auf den Markt, z. B. das Telefon. Die neue Technik begann im Kleinen. Werkstatt-Erfindungen setzten sich in zähem Überzeugungskampf gegen grosse Skepsis durch. Alle hatten eine Chance, die über Ideen und Tatkraft verfügten.

Als Sohn eines glücklosen Kaufmanns in Brasilien wächst Kummler bei seiner Mutter in Aarau auf und absolviert eine Lehre mit Fokus auf Buchhaltung und Bilanz. Nach rastlosen Jahren als Händler in Marseille und Brasilien kehrt er als 26-Jähriger in die Schweiz zurück. In Aarau beteiligt er sich an einer kleinen Firma für Elektrotechnik. Kummler erkennt das immense Potenzial für die Anwendungsbereiche der neuen Energie, von Haushaltslampen, Kochplatten und Tellerwärmern – über Elektro-Omnibusse bis hin zum Bau von Stromleitungen und Kraftwerken.

Dank seinem Ideenreichtum und seinen Akquise-Fähigkeiten verschafft Kummler seinem Unternehmen (H. Kummler & Co., später Kummler & Matter, heute Teil von Alpiq) diverse Aufträge. Er ist der erste Unternehmer, der in den Leitungsbau einsteigt, zum Beispiel mit der Erstellung der ersten grossen Gittermasten-Stromleitung der Schweiz. Über eine Niederlassung in Stuttgart dehnt Kummler seinen Wirkungskreis ins Deutsche Reich aus und empfiehlt sich als Spezialfirma für die Erstellung von Stromleitungen und Ortsverteilungsnetzen.

Kummlers Aufstieg im Bahnsektor beginnt mit der Erstellung der Fahrleitung der Wagnis-Elektrifikation der Simplontunnel-Strecke im Jahr 1906. Es folgen zahlreiche Leitungsbauten für die Schweizerischen Bundesbahnen, für die Rhätische Bahn sowie für verschiedene Privatbahnen. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise und durch unternehmerische Fehlentscheide in der Auslandsabteilung – ohne Verschulden von Hermann Kummler – gerät das Unternehmen in eine existenzielle Krise. Kummler engagiert sich mit seinem Privatvermögen, um den Konkurs abzuwenden. „Zum Dank» wird der Unternehmensgründer aus dem Betrieb gedrängt. Gleichzeitig muss er seine Villa Olinda in Aarau mit dem Park aufgeben und in ein kleines Chalet umziehen.

Doch trotz dieser Enttäuschungen wird Hermann Kummler nicht verbittert, sondern findet sich mit einer Rückkehr zum bescheidenen Leben ab. In seinen letzten Lebensjahren schreibt er die Firmengeschichte auf.

Bücher und weitere Infos

Band 71

Hermann Kummler-Sauerländer (1863–1949)

Ein Leben für den Leitungsbau und für die Bahnen

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